Musik und Text von Andreas Klaude im Dezember 2019
Es ist für mich ein Grauen, zu hören wie andere kauen
Schmatzen und Nahrungsjonglage, versetzen mich sofort in Rage
Der Kaffeetassenbeisser, auf dem WC der Papierabreißer
sorgen für Frequenzen und öhrliche Präsenzen
von denen will ich berichten, auf die kann ich verzichten
Geräuschunverträglichkeit Verhaltensauffälligkeit!
Wie schön ist der Gedanke es gäbe eine Schranke
die mich behütet und beschützt
mal sehn ob dieses Lied was nützt
Ich schließe meine Augen und denke immer wieder
warum schenkt mir der liebe Gott keine Ohrenlider
Das Kreidekreischen, Tellerschnitzen, Gummischuhquietschen und Bleistiftspitzen
belästigt mich so sehr, ertrage ich nur schwer
die fiesen Kleinigkeiten, die Menschen so entgleiten
bringen mich an meine Grenzen Flatulenzinterferrenzen
Der Fernverkehr auf der A2 lärmt nachts an meinem Bett vorbei
der Krach geht nicht zur Ruh und ich bekomm die Ohren nicht zu
Wie schön ist der Gedanke es gäbe eine Schranke
die mich behütet und beschützt
mal sehn ob dieses Lied was nützt
Ich schließe meine Augen und denke immer wieder
warum schenkt mir der liebe Gott keine Ohrenlider
Wie für manche der Zahnarztbohrer in schlechtem Zahn
versetzen mich Geräusche in den Audiowahn
Die Sinustonfolge des Telefons des alten
Die Superdudelmarktmusik legt meine Stirn in Falten
Von vorn von hinten oben unten in einer Tour
verordnet mir doch bitte eine „Ohrenfriedenkur“
Grammatik, die wo nicht passt, will ich jetzt mal verschweigen
Dafür unvermeidlich sind die Werbemüllohrfeigen
Wie schön ist der Gedanke es gäbe eine Schranke
die mich behütet und beschützt
mal sehn ob dieses Lied was nützt
Ich schließe meine Augen und denke immer wieder
warum schenkt mir der liebe Gott keine Ohrenlider
Vergessene Alarmanlagen zur Schlafenszeit
gehören zu den gröberen Belästigungen weit und breit
und statt einen Unhold bei seiner Tat zu stoppen
hilft sie doch nur dabei den nächsten anzulocken
Das Schniefen, Ziepen, Klappern, das Quietschen, rattern, plappern
Dem Fiepen Piepen, Dröhnen, Rauschen, Feinstaubkrach will ich nicht lauschen
Ohrenunrat rund um die Uhr will ich jetzt mal beschreiben nur
Beim Rechnerstart in fast fis-dur schlägt mein Kopf auf die Tastatur
Wie schön ist der Gedanke es gäbe eine Schranke
die mich behütet und beschützt
mal sehn ob dieses Lied was nützt
Ich schließe meine Augen und denke immer wieder
warum schenkt mir der liebe Gott keine Ohrenlider
Erst nach der Fertigstellung meines Songs und der genialen Wortschöpfung "Ohrenlider" musste ich feststellen, dass es da einem unbedeutenden Autor 1931 schon gelang ähnlich zu empfinden :-)
Aus Schloß Gripsholm von Kurt Tucholsky:
"Warum gibt es das nicht, beharrte ich. Immer ist etwas. Immer klopfen sie, oder sie machen Musik, immer bellt ein Hund, marschiert dir jemand über deiner Wohnung auf dem Kopf herum, klappen
Fenster, schrillt ein Telephon – Gott schenke uns Ohrenlider. Wir sind unzweckmäßig eingerichtet. – Schwatz nicht, sagte die Prinzessin. Hör lieber auf die Stille!“
Im selben Kapitel findet sich übrigens auch die Textvorlage für das "Rote Pferd".
"Da hat das kleine Pferd sich plötzlich umgekehrt und hat mit seinem Stert die Fliegen abgewehrt!"